Kriterien für ökologische Baustoffe.

Das Bewertungsschema von ÖkoPlus

Schon bald nach der Gründungsphase von ÖkoPlus Ende der 90-er Jahre stellte sich die Frage, nach welchen Kriterien wir unsere Baustoffe bewerten und anbieten können, um einerseits ein gesundes Raumklima für die Bewohner zu schaffen und andererseits durch die Baustoffe eine möglichst geringe Belastung für die Umwelt und das Klima zu erzeugen.

Der Focus der öffentlichen Debatte liegt seit damals bis heute auf dem Energieverbrauch der Häuser im laufenden Betrieb. Seit den 80-er Jahren wurden und werden „Energiesparhäuser“ gefordert und gefördert.

Für ÖkoPlus wird dagegen das Thema der gesundheitlichen Auswirkungen und der Umweltwirkungen der Baustoffe bei der Produktion, der Nutzung und der Entsorgung beleuchtet. Es gab keine geeigneten Labels, die dies leisteten. Daher machte sich ÖkoPlus auf den Weg und erarbeitete von 2002 bis 2004 Bewertungskriterien für Baustoffe. Federführend war der damalige Vorstand von ÖkoPlus Holger König, der inzwischen eine Software zur Ökobilanzierung von ganzen Gebäuden entwickelt hat (Legep).


Die Bauproduktgruppen

Die Fülle der gehandelten Bauprodukte machte es notwendig eine Vorauswahl zu treffen. Es wurden vorrangig die umsatzstärksten Produktbereiche untersucht:

  • Dämmstoffe
  • Fußböden
  • Farben/Putze
  • Schlafen/Naturmatratzen
Die Bewertungskriterien

Im Gegensatz zu vielen Ökolabels,die es damals gab, wird der gesamte Lebenszyklus eines Produktes betrachtet. Das Bauprodukt wird von der Herstellung über die Nutzung bis zur Beseitigung untersucht. Bei der Zusammenstellung der Kriterien wurde jeder dieser Bereiche in gleicher Weise berücksichtigt.

Die Rangfolge innerhalb der Gruppe bestimmt sich nach der Bedeutung des Einzelkriteriums. Hier zeigt sich ganz deutlich, dass die ökologischen Baustoffhändler die Gesundheit des Menschen und den Schutz der Natur eindeutig vor alle technischen oder finanziellen Kriterien stellen. Die Schadstoffbelastung im Endprodukt steht an erster Stelle, und der humanbiologische Aspekt mit Vorsorgecharakter hat dabei höchste Priorität.

Das Zustandekommen und die Anwendung von Grenzwerten für die Unbedenklichkeit eines Bauprodukts hat in den vergangenen Jahrzehnten zu derart vielen Skandalen geführt, dass diese mit Recht umstritten sind. Eine besondere Gefahr liegt in der Tendenz der Naturwissenschaften "das Künstliche" als "das Gesunde" festzulegen und "das Natürliche" als "das Krankmachende" auszugrenzen. Typisch für diese Gremien-Politik ist die Einstufung der Mineralwolle durch den eigens dafür geschaffenen Kanzerogenitätsindex als "frei von Krebsverdacht", alle anderen natürlichen Faserstäube aber als Krebsauslöser zu verdächtigen.

Der Schutz der Ressourcen verdient ebenfalls eine besondere Aufmerksamkeit. Der verantwortungsvolle Umgang mit allen Rohstoffquellen ist ein wichtiges Ziel der ÖkoPlus Bemühungen bei der Baustoffauswahl. Dies betrifft den Aspekt der nachwachsenden Rohstoffe ebenso wie die eingesetzte Energie. Die Regenerierbarkeit der Ausgangsstoffe ist untrennbar mit der Wiedereingliederung in das Ökosystem am Ende der Nutzungsphase verbunden. Die Sekundärnutzung von Altprodukten mit hohem Energieaufwand bei der Herstellung (Zeitung, Altglas) ist nur in einer Überflussgesellschaft denkbar und sinnvoll, zeichnet das dabei entstehende Produkt aber nicht besonders aus. Das Recycling eines Bauproduktes ist heute geforderter Stand der Technik (Kreislaufwirtschaftsgesetz), birgt aber viele Risiken für den Verbraucher (Schadstoffverschleppung). Diese Produkte müssen besonders sorgfältig untersucht werden.

Die Bewertungsmethode

Die Bewertungsmethode sollte trotz des ganzheitlichen Ansatzes überschaubar und nachvollziehbar bleiben. Während der Arbeit ergaben sich mehrere Schwierigkeiten.

Die Kriterienliste musste für jede Produktgruppe in Teilbereichen abgeändert werden. Die Wärmeleitzahl zum Beispiel ist für Dämmstoffe wichtig, für Farben spielt sie keine Rolle. Jede Produktgruppe weist zwei ergänzende besondere Kriterien auf und damit eine eigene Reihenfolge der Kriterien.

Die Bewertungsmaßstäbe der verschiedenen Bearbeiter mussten aufeinander abgestimmt - geeicht - werden. Damit wird sichergestellt, dass z.B. ein Kunstharzanteil in einem Produkt sowohl bei Dämmstoffen als auch bei Fußböden die gleiche Bewertung erhält. Das Bewertungsschema enthält eine max. Punktzahl von 1000 Punkten. Produkte, die nach dieser strengen Bewertung weniger als 500 Punkte erhalten, werden nicht in das Produktsortiment von ÖkoPlus aufgenommen. Hier finden Sie eines der Bewertungsschemata. Produkte mit 750 – 1000 Punkten werden mit sehr gut bewertet, solche mit 500-750 mit gut. Unter 500 Punkten finden sich dann die Produkte, die von uns mit befriedigend, ausreichend oder mangelhaft bewertet werden und nicht in das Sortiment aufgenommen werden. Das betrifft die meisten aller Bauprodukte, die auf dem Markt zu bekommen sind.

Die Überprüfung der Kriterien wird auf Grund der Herstellerangaben vorgenommen. Wir können das nicht überprüfen oder unabhängig messen lassen. Dazu fehlen uns die Ressourcen. Wenn wir aber Verstöße von Herstellern bemerken, bei denen diese nicht sauber ihre Inhaltstoffe deklariert haben, dann gibt es dazu eine Auseinandersetzung. Das kam schon mehrmals vor. Wir bewerten die Produkte dann anders oder nehmen die aus dem Sortiment.

Das Ergebnis

Nach Bewertung von über 1000 Produkten ergibt sich folgendes eindeutiges Bild:

Spitzenreiter sind diejenigen Bauprodukte, die ausschließlich aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und diese Rohstoffe nur geringfügig verändern. Dazu zählen der Vollholzdielenboden, reines Leinöl, Lehm- und Kalkputz, Hanfsteine oder Strohplatten.

Im oberen Mittelbereich finden sich Bauprodukte, die ihre technischen Werte oder Verarbeitungseigenschaften verbessern, dies aber nur durch erhebliche Veränderung der Ausgangsstoffe erreichen, z. B. Holzweichfaserplatten. Problematisch sind ebenfalls lange Transportwege z. B. Kokosfaser oder schlechte Verarbeitbarkeit.

Den unteren Mittelbereich erreichen Bauprodukte, die Zusatzstoffe einsetzen, die aus der synthetischen Produktion stammen, wie z. B. Korkparkett, Linoleum oder Farben mit synthetischen Lösemitteln. Dabei sind bereits Mengenanteile von 2 - 5 % ausreichend für hohen Punkteverlust.

Die untere Gruppe bilden Bauprodukte, die in der Herstellung besonders problematische Substanzen verwenden oder im Gebrauch für den Anwender gesundheitlich belastend sind. Dies führt zu einer starken Abwertung. Dies sind vollsynthetische Dämmstoffe, chlorhaltige Produkte, polyurethanhaltige Bindemittel oder halogen-organische Verbindungen. Diese Bauprodukte werden nicht in das ÖkoPlus-Sortiment aufgenommen.

Ausnahmen sind übergangsweise möglich, solange für den Einsatzzweck in einer Baukonstruktion kein Material mit ähnlicher Funktionserfüllung zur Verfügung steht.